26.02.2008
Neues Angebot: Spielend zum Abi
Nordweststadt. Das Theaterspiel hat an den Schulen in Hessen schon vor langer Zeit Einzug gehalten. Das Problem: Zu 80 Prozent ist dies freiwilliger Natur. „Es steht und fällt aber mit dem Engagement einzelner Lehrer oder der Schulleitung“, sagt Joachim Reiss, Chef des Schultheater-Studios am Hammarskjöldring 17 a.
Das soll zumindest in der Oberstufe bald ein Ende haben. Spätestens ab dem Jahr 2010 soll das Fach Darstellendes Spiel für die Abiturprüfung zugelassen werden. Die Ernst-Reuter-Schule (ERS), an der das Schultheater-Studio beheimatet ist, will nicht mehr so lange warten. „Wir haben einen Antrag auf einen Schulversuch gestellt“, sagt Schulleiterin Monika Schmidt-Dietrich auf Anfrage der FNP.
Die ERS wartet nur noch auf das Okay aus Wiesbaden. Momentan liege der Antrag noch beim Staatlichen Schulamt. „Das ist aber nur noch ein formaler Akt“, denkt Frau Schmidt-Dietrich an keinerlei Probleme mehr. „Wir können auch sofort loslegen.“ Denn die ERS biete neben Joachim Reiss mit fünf ausgebildeten Theaterpädagogen eine gute Voraussetzung für das Projekt. „Wir arbeiten schon heute mit jeweils zwei Kursen pro Jahrgang.“ Daher verfüge die Schule bereits über eine sehr gute Basis.
Eine Basis, die es nicht an vielen Schulen gebe, wie Joachim Reiss weiß. „Unser Ziel ist es, dass jede Schule zumindest über zwei Lehrern mit einer entsprechenden Ausbildung verfügt.“ Davon sei man noch weit entfernt. 4000 Lehrer seien dafür notwendig, zurzeit gebe es zwischen 500 und 800. Rund 100 Pädagogen werden jährlich weitergebildet, um das Fach unterrichten zu können. „Damit sind wir auf einem guten Weg.“ Ein großes Problem bereite noch die Lehrerausbildung an den Universitäten. Fünf Hochschulen in Niedersachsen, die Uni Nürnberg-Erlangen, eine in Berlin und eine Pädagogische Hochschule in Baden-Württemberg haben die Ausbildung auf ihrem Lehrplan. Die Unsicherheit sei noch groß, ob man mit einer Fächerkombination mit Darstellendem Spiel einen Platz an einer Schule finde.
Ein Blick auf die Grundschulen unterstreicht diese These. 20 Grundschullehrer fangen jedes Jahr in Hessen die Weiterbildungsmaßnahme an. Bei einer Anzahl von 1000 Schulen. „Das reicht nicht.“ Die fehlende Absicherung durch einen Lehrplan sorge dafür. „Wenn es knapp wird, fällt das Theaterspiel weg.“
In der Mittelstufe haben die Theater-Experten ein klares Ziel für Hessen. „Wir fordern die Aufnahme als Fach“, sagt Reiss. Die meisten Bundesländer hätten Theater nur als eine Schulform aufgenommen, beispielsweise in Nordrhein-Westfalen für Integrierte Gesamtschulen. „Das macht überhaupt keinen Sinn.“ Eine klare Linie fehle völlig. In Hessen zähle es zu den Wahlpflichtfächern, eine verbindliche Regelung gebe es nicht. In Wiesbaden werde derzeit an einen Lehrplan gearbeitet, der das Darstellende Spiel berücksichtigt. Seit zwei Jahren sei aber nichts mehr darüber zu hören.
Nach den Vorstellungen von Reiss sollen Kunst, Musik, Theater und Tanz zusammengefasst werden. Die Schulen könnten dann selbstständig ihre Ausrichtungen bestimmen. Jeder Schüler sollte in seiner Zeit zumindest zwei oder drei mal mit dem Theater konfrontiert werden.
Ein Lob will der Pädagoge allerdings dem Land Hessen doch zollen. Ohne das Engagement aus Wiesbaden hätte die Kultusministerkonferenz noch nicht das Theaterspiel als Abiturfach zugelassen. Nur: Während andere Länder bereits begonnen haben, wartet Hessen noch ab. „Dabei besteht hier bereits eine starke Basis.“ Die Ernst-reuter-Schule will es beweisen, wenn man sie denn lässt. (sö)
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