01.09.2008
Wenn Esel Rudi auf die Piste geht
Noch ist Esel Rudi (7) störrisch. Ziehen und Schieben helfen gar nicht. Auch einen Klaps auf den Rücken nimmt der Esel gelassen. Da hilft nur gutes Zureden: Leise flüstert Nicole Börner (34) dem Tier ein paar aufmunternde Worte ins Ohr. Und siehe da: Der Widerstand schwindet, und Rudi lässt sich endlich nach vorne führen.
Schon im vergangenen Jahr war der Esel beim Kerbe-Umzug in Niederursel dabei. Doch Rudi hat ein Problem: «Er fährt nicht gerne im Anhänger», verrät Karl Börner, dem der Esel zu seinem 50. Geburtstag geschenkt wurde. Seitdem steht das Tier auf einer Wiese in Eschersheim – zusammen mit den Schafen und Enten der Börners.
Zur Fahrt zur Kerb im Auto-Anhänger hat sich Rudi gerade noch überreden lassen. «Wir haben schließlich eine Woche lang mit ihm geübt.» Ob der Rückweg klappt, ist jedoch fraglich: «Im letzten Jahr mussten wir mit ihm nach Hause laufen.» Und der Fußweg mit einem Esel nach Eschersheim dauert immerhin fast zwei Stunden!
Vielleicht sind es die Pferde-Damen vom Gut Obermühle, die den armen Rudi so nervös machen: Mit fünf Ponys und dem Wagen der «Müllerin von Ursella», Ariane Schall, war das Gut erstmals beim Kerbe-Umzug dabei. Hoch zu Ross, auf Wallach Fuego (4), reitet Nathalie (11): «Meine Tochter ist auf dem Pferd groß geworden», sagt die Halterin Susanne Thorandt. Aber auch das Pferd hat seinen eigenen Kopf: Mit seinen breiten Lippen schnappt es nach dem Gespritzten in Susannes Hand, die es gerade noch in Sicherheit bringen kann. «Für die Pferde ist der Umzug eine Premiere», sagt Susanne Thorandt. Dass die Tiere etwas nervös seien, gehöre dazu.
Die diesjährige «Müllerin von Ursella» alias Ariane Schall hatte den Ehrenplatz auf ihrer Kutsche. Ihr Trachtenkostüm hat sie bei C & A in der Innenstadt gekauft: «Ich weiß nicht, ob ich das Dirndel noch mal brauchen werde – vielleicht kann ich es ja zu einem Oktoberfest anziehen.» Im Alltag mag die «Müllerin» lieber sportliche Hosen.
Einer der Köpfe hinter dem Kerbeumzug ist Helmut Fremery (75). Er ist als Organisator eingesprungen, weil der ursprünglich Verantwortliche seinen Posten vor vier Wochen niedergelegt hatte. «Seitdem habe ich jeden Tag stundenlang telefoniert und Briefe geschrieben – manche Zugteilnehmer musste ich nämlich vier oder fünf Mal fragen, ehe ich eine definitive Zusage hatte.»
«Wir sind eine kleine, aber feine Kerb», sagt Dieter Himmelreich, Vorsitzender des Bürgervereins Niederursel/Nordweststadt. Und ergänzt bescheiden: «Wir protzen nicht, sondern legen Wert auf eine familiäre Atmosphäre.» (bkl)
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