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27.08.2010

Die Müllerin lädt zum Fest

Mühlen haben in der Geschichte Niederursels eine große Rolle gespielt, deshalb hat der Bürgerverein für seine Kerb die «Müllerin von Ursella» ersonnen. Dieses Wochenende schlüpft Maren Gerber in die Rolle der Symbolfigur.

Bieranstich ist Männersache? Weit gefehlt! Im Falle der Niederurseler Kerb greift traditionsgemäß die «Müllerin von Ursella» zum Hammer, um den Zapfhahn ins Fass zu schlagen. Maren Gerber (43), die dieses Jahr in die Rolle der Symbolfigur schlüpft, hat sich über den großen Moment am Samstagmittag schon ihre Gedanken gemacht: «Männer hauen den Hahn oft mit drei Schlägen rein; Frauen klopfen öfter und leichter – so will ich’s auch machen.»

Nervös wirkt Maren Gerber nicht, wenn sie über die zünftige Amtshandlung vor den Augen der Niederurseler spricht. Vielleicht liegt das ja daran, dass sie, obgleich aus Norddeutschland stammend, einen Hang zum bayerischen Brauchtum hat. Alle zwei Jahre fährt sie nach München aufs Oktoberfest, und in ihren Schränken finden sich außer Trachtenkleidern und -blusen auch zahlreiche Accessoires, etwa ein Kropfband mit einem Sissi-Medaillon. «Ich könnte problemlos eine Woche in München verbringen und jeden Tag etwas anderes anziehen.»

Für die Rolle der «Müllerin» wird Maren Gerber ein klassisches Münchener Dirndl in weinroter Farbe anziehen. Sie weiß sogar, dass sie die Schleife als verheiratete Frau auf der rechten Seite zu binden hat. Kleider suchen musste Frau Gerber nur noch für ihre Töchter Nele (15) und Lea (13). Diese werden beim Kerbe-Umzug auf dem Wagen mitfahren und ihr die roten Rosen reichen. 500 Stück soll die «Müllerin» in diesem Jahr verteilen, denn die stolze Blume findet sich im Wappen des Stadtteils.

Maren Gerber ist im Karneval-Club «Fidele Nassauer» in Heddernheimer aktiv; sie sitzt im Damen-Elferrat und kümmert sich um Ehrengäste. Nach einer Fastnachtsveranstaltung stand plötzlich Jürgen Schmidt vom Bürgerverein Niederursel vor ihr und fragte, ob sie sich vorstellen könnte, als «Müllerin von Ursella» aufzutreten.

«Ich fühlte mich geehrt, musste aber eine Nacht drüber schlafen, bevor ich zusagte», berichtet die Auserwählte. Auch jetzt, da die Kerb naht, bereut sie ihre Entscheidung nicht: «Es ist doch der Traum eines jeden Mädchens, einmal Prinzessin oder so etwas zu sein. Ich bin jetzt halt Müllerin, das passt auch besser zu meinem Alter.»

Vor Leuten zu sprechen, hat Maren Gerber als Übungsleiterin in Sportvereinen gelernt. Im Turnverein von Seulberg (bei Friedrichsdorf) ist sie als Trainerin für Funktionsgymnastik aktiv, deshalb wird es ihr wohl nicht schwerfallen, die Kerbe-Gesellschaft zu begrüßen. «Wenn man etwas erleben will, muss man in einen Verein eintreten», findet Frau Gerber. Für den Wahrheitsgehalt des Mottos ist sie selbst der beste Beweis.

Der Bürgerverein Niederusel unter der Leitung von Wolfgang Jung hält Maren Gerber auch deshalb für eine gute Wahl, weil sie im Neubaugebiet des Stadtteils, in der Sebastian-Kneipp-Straße, lebt. «Den alten Ortskern und das Neubaugebiet sehen viele nicht als Einheit an», sagt die «Müllerin» schmunzelnd. «Manche glauben, dass ich eine verbindende Wirkung haben könnte.» Auf den Spaziergängen mit ihrem Hund «Coffee» überschreitet Maren Gerber ständig die unsichtbare Grenze, die sich durch Niederursel zieht. Der Gedanke, dass sie das Zusammenwachen befördern könnte, gefällt ihr.

Für den etwas seltsamen Namen ihres Hundes – es handelt sich um einen Beagle – hat die «Müllerin» übrigens eine einfache Erklärung: «Latte Macchiato war zu lang, und auf Cappuccino hört er nicht.»



Von Christian Scheh

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