04.11.2010
Rockmusiker sind unerwünscht
Mit Rockfrühschoppen und Open-Stage-Events in der Turnhalle der TSG wollte Rudi Brill die Musik nach Niederursel bringen. Die TSG kündigte ihm – aber Brills Alternative ist mindestens genauso gut.
Rudi Brill kann sich noch gut erinnern an den aufregenden Oktober 2009: Damals steckten er, seine Schwester Monika Maurer und Musiker Thomas Jeutter mitten in den Vorbereitungen für ihr erstes Niederurseler Musikevent. Ganz nebenbei kämpften sie sich durch den Papierkram, um ihren Kulturverein «Regenbogen Frankfurt» zu gründen (wir berichteten). Ziel: Nachwuchskünstler im Stadtteil zu fördern.
Gut gestartet
«Super angelaufen» ist das Projekt, sagt Brill. Und nun das: Vor kurzem flatterte ein Schreiben der TSG Nordwest ins Haus, die bisher ihre Turnhalle im Weißkirchener Weg für die Veranstaltungen zur Verfügung gestellt hat. «Der Verein wünscht nicht, dass wir weiterhin in die Halle zum Frühschoppen einladen», erzählt Brill. Zunächst ein Schock. Denn sowohl der Frühschoppen, bei dem bereits bekannte Bands auftreten, als auch die Open-Stage-Abende als Plattform für neue Künstler wurden gut angenommen. Um die 200 Besuche fanden einmal den Monat nach Niederursel. «Der musikalische Frühschoppen wurde immer mehr zur festen Adresse», sagt Brill. «Da kam die Kündigung schon überraschend. Wenigstens konnten wir uns mit dem Vorstand darauf einigen, die Halle noch bis zum Ende des Jahres zu nutzen.»
Bei der Frage, warum genau die Türen fortan den Musikern verschlossen bleiben, bleibt Lutz Ullrich, Vorsitzender der TSG Nordwest, vage. Die Entscheidung habe «interne Gründe»: «Wir möchten als Sportverein unsere Räume nicht über einen längeren Zeitraum für musikalische Veranstaltungen zur Verfügung stellen.» Außerdem halte der Hallenboden die zusätzliche Belastung nicht aus.
Mit den genauen Diskussionen hinter den Kulissen will sich Rudi Brill aber nicht beschäftigen. Denn er und seine Mitstreiter haben innerhalb kürzester Zeit eine Alternative gefunden, die mindestens genauso gut geeignet zu sein scheint.
Ein Mitglied des Kulturvereins stellte den Kontakt zu Carlos Santos, Chef des portugiesischen Sportclubs «SFC Sporting» im Ostend, her. «Die Räume sind ideal», freut sich Rudi Brill und sieht sich begeistert in der Halle um: Eine professionelle Musikanlage gibt es, eine Bühne, auf der schon ein Schlagzeug aufgebaut ist, Sitzgruppen mit Tischen. Brill deutet auf die Scheinwerfer an der Decke: «Die mussten wir in Niederursel jedes Mal von Hand auf- und wieder abbauen. Wenn man hier die richtige Beleuchtung wählt, wird aus der Halle ein richtig gemütlicher Rockschuppen.»
Umzug ins Ostend
Fehlt nur noch das Publikum: 400 Leute haben Platz im Sporting Club; von so einer Zahl träumt Rudi Brill noch. «Aber wenn sich erst einmal herumgesprochen hat, dass der Frühschoppen hier weitermacht – in so einer tollen Umgebung –, wird es schon voll. Wir bauen das Schritt für Schritt auf.»
Vorerst wird es dabei bleiben, den Frühschoppen und die Open-Stage-Abende einmal im Monat zu veranstalten; wenn alles gut angenommen wird, will Rudi Brill öfter in die Hanauer Landstraße 213 einladen. Vorerst sei es aber gerade für junge Künstler angenehmer, erst vor einer kleineren Anzahl Gäste zu spielen. Vielleicht wird so das Publikum auch ein bisschen jünger, hofft Brill: Schließlich liegen an der Hanauer Landstraße einige Nachtclubs, deren Besucher vielleicht vor dem Feiern zum Open-Stage-Abend kommen – oder danach zum Frühschoppen. Der Sporting Club ist kein unbeschriebenes Blatt, was musikalische Veranstaltungen angeht, betont Santos: «Wir laden oft Künstler ein oder veranstalten Workshops: Jeden Samstag gibt es Livemusik.»
Rudi Brill und die anderen Aktiven vom «Regenbogen»-Verein blicken also optimistisch in die Zukunft: «Wir sehen die Kündigung des Hallen-Nutz-Abkommens in Niederursel als Chance für einen Neuanfang.»
Die beiden letzten Frühschoppen im Weißkirchener Weg 12 in Niederursel sind am Sonntag, 7. November, und Sonntag, 12. Dezember, jeweils um 11 Uhr. Am 16. Januar weiht die Band «Reimtext» das neue Heim in der Hanauer Landstraße 213 ein. Der Eintritt kostet sieben Euro, das komplette Programm steht auf der Internetseite http://www.regenbogen-frankfurt.de.
Von Julia Rösch
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