10.11.2010
„Macht diese Läden zu“
Die Initiative Niederursel mit Sprecherin Ilse Schmidt-Ertle an der Spitze zieht in den Kampf gegen Spielhallen in den Stadtteilen. Die Negativbeispiele aus Rödelheim und hausen lassen nun auch bei der Politik die Alarmglocken schrillen.
Frau Schmidt-Ertle, was genau fürchten Sie, wenn in ihrer Nachbarschaft in Niederursel eine Spielhalle eröffnet wird?
Das Umfeld wird sich verändern, es wird furchtbar. Dafür wird die Klientel sorgen, die solche Spielhallen besucht. Das sind benachteiligte Jugendliche. Die gehen nicht einfach dahin und wieder nach Hause. Der Betrieb einer Spielhalle geht rund um die Uhr.
Was glauben Sie, was geschieht?
Das Umfeld wird verdrecken. Wissen Sie, dort liegen unsere Höfe mit viel Grün, unsere Schlafzimmerfenster. Da gibt es einen Kinderspielplatz in direkter Nachbarschaft und einen Geldautomaten, an dem die alten Leute sich ihr Geld holen. Die haben Angst.
Woher wissen Sie denn, dass sich das Umfeld so verändert?
Gehen Sie nach Rödelheim und nach Hausen! Schauen Sie sich die Spielsalons dort an. Ich habe es getan. Es ist ein weiterer Beitrag zum Niedergang der Stadtquartiere. In Niederursel ist das ohnehin schon im Gange. Die kleinen Läden sind geschlossen, stehen leer zum großen Teil. Durch Spielhallen gehen die Grundstückspreise und die Wohnungspreise in der Umgebung den Bach runter. Die Quartiere kippen.
Ich möchte gerne noch mal auf die Jugendlichen kommen…
Ich bin selbst Lehrerin gewesen und habe mich lange um benachteiligte Jugendliche gekümmert. Wir geben viel Geld aus, um sie zu fördern. Diese Arbeit wird absolut konterkariert durch das Angebot von Spielhallen.
Wann haben Sie davon erfahren, dass in Alt-Niederursel zwei Spielhallen geplant waren?
Im August 2009. Wir konnten uns das zuerst gar nicht vorstellen. Wir haben an ein Versehen geglaubt.
Warum hat die Stadt diese beiden Spielhallen in einem Haus überhaupt genehmigt?
Das wissen wir bis heute nicht.Es ist ein harter Kampf. Wir haben einen Anwalt beauftragt und haben das Verwaltungsgericht angerufen. Die Richter haben die Baugenehmigung zu Fall gebracht und haben klar gesagt: In dieser Größe nicht. Daraufhin wurden die Pläne geändert: Jetzt sollte es eine Spielhalle, ein Bistro und ein Stehcafé geben. Das hat die Stadt wieder genehmigt. Dagegen haben wir wieder vor Gericht gewonnen. Das Tolle war: Der Ausbau ging gleichzeitig immer weiter.
Dann reagierte die Politik aber.
Die Stadt hatte Widerspruch eingelegt gegen die für uns positive Entscheidung des Verwaltungsgerichts. Dann endlich hat die Oberbürgermeisterin dafür gesorgt, dass dieser Widerspruch zurückgezogen wurde.
Was sind Ihre Gefühle und was haben Sie gelernt?
Zuerst waren wir hier in Niederursel mehr als empört. Wir haben 1500 Protest-Unterschriften gesammelt in recht kurzer Zeit. Jetzt herrscht Windstille, aber die Kuh ist noch nicht vom Eis. Wir warten auf die gerichtliche Entscheidung im Hauptsacheverfahren. Die Spielhalle steht leer und wurde nicht eröffnet. Wir sind bundesweit bekannt geworden, kamen sogar groß im ZDF.
Ihr Fazit?
Macht diese Läden zu. Es ist ganz einfach.
Interview: Claus-Jürgen Göpfert
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