19.05.2011
Dieses Haus versinkt im Müll
Der Zustand des Wohnhauses im Gerhart-Hauptmann-Ring 200-202 beschäftigt inzwischen nicht nur Anwohner, sondern auch Lokalpolitiker. Die Recherche der FNP förderte zutage, dass es um das 48 Parteien zählende Wohnhaus noch schlechter bestellt ist, als befürchtet.
Wer in Frankfurt eine Eigentumswohnung zum Preis zwischen 10 000 und 60 000 Euro erwirbt, der könnte geneigt sein, von einem wahren Schnäppchen zu sprechen. Doch wenn der Vorplatz der Wohnung von zwölf Kubikmetern Sperrmüll verschandelt wird, die Aufzüge nicht funktionieren und man sich davor fürchten muss, anderen Hausbewohnern zu begegnen, könnte sich das Schnäppchen alsbald als solide Fehlinvestition erweisen. Die eben geschilderten Umstände gehören zum alltäglichen Leben der Anwohner des Gerhart-Hauptmann-Rings 200-202.
Thema im Ortsbeirat
Der katastrophale Zustand des Gebäudes blieb auch der CDU-Fraktion im Ortsbeirat 8 (Heddernheim, Niederursel, Nordweststadt) nicht verborgen. Deren Mitglied Joachim Rotberg formulierte für die jüngste Sitzung des Stadtteilparlaments einen Antrag, der den Magistrat auffordern soll, "sich mit dem Eigentümer des Hauses in Verbindung zu setzen und auf eine deutliche Verbesserung der gegenwärtigen Situation hinzuwirken".
Nachdem der CDU-Antrag auf die kommende Sitzung verschoben wurde und sich die FNP mit dem Thema auseinandersetzte, kam Erschreckendes zutage: So hat der ursprüngliche Besitzer der Immobilie, die Karlsruher Gesellschaft für Immobilien und Beteiligungen (kurz GIB) im Jahr 2003 Konkurs angemeldet. Seitdem werden die 48 Wohnungen zu Schleuderpreisen zwangsversteigert. Viele der neuen Besitzer haben ihre Wohnungen offenbar untervermietet. Die Rede ist von bis zu 20-köpfigen Großfamilien, die in der Nachbarschaft systematisch nach Sperrmüll suchen und ihren Müll auch gerne mal vom Balkon aus entsorgen.
Zwangsversteigerung
Diese katastrophalen Zustände schildert niemand geringeres als Thomas Grimberger, dessen Hausverwaltung die Immobilie seit 2001 verwaltet und seitdem vergeblich versucht, für Ordnung zu sorgen. "Ich kann nichts machen und stehe mit der Polizei in Kontakt. Mir sind die Hände gebunden weil ich nicht weiß, wer in welcher Wohnung wohnt", bedauert Grimberger, demzufolge derzeit die letzten Zwangsversteigerungen laufen. Erst nach deren Ende könne eine großangelegte Sanierung erfolgen.
Die Sanierung könnte rund zwei Millionen Euro verschlingen und würde auf die Wohnungseigentümer zurückfallen. Doch: "Von der neuen Käuferschicht wohnen die wenigsten selbst dort. Die meisten versuchen das teuer weiterzuvermieten", sagt der konsternierte Hausverwalter, der nach eigenem Bekunden wie die Jungfrau zum Kind an die "Gammel-Immobilie" kam.
Thomas Grimberger bezeichnet das Objekt als "Schandfleck" und Ausgangspunkt eines regelrechten Mülltourismus. Er beteuert, dass ihm als Hausverwalter gerade genug Geld bleibe, um die Mainova sowie kleinere Schönheitsreparaturen zu bezahlen: "Wenn der Müll weg wäre, ist er einen Tag später wieder da. Das ist ein unendlicher Kreislauf", klagt der Hausverwalter, der die Eigentümer mehrfach vergeblich auf Zahlung des Hausgelds angemahnt hat. "Mir tun vor allem die älteren Bewohner leid, die das ganze Theater mitkriegen", betont Grimberger.
Inzwischen ist auch Peter Postleb, der Leiter der Stabsstelle Sauberes Frankfurt, auf die Problematik aufmerksam geworden. "Ich habe die FES darauf angesetzt und auf das zu kleine Mülltonnenvolumen hingewiesen", sagt Postleb, der prüfen lassen möchte, ob sich eventuell mit dem Verweis auf eine Rattenplage weitere hygienische Zwangsmaßnahmen durchsetzten lassen. In erster Linie wäre allerdings der Hausverwalter gefragt. Dabei scheint niemand die derzeit ungeklärten Eigentumsverhältnisse zu überblicken.
Der Hausverwalter hingegen weiß, was auf ihn zukommt. Seine Absicht ist es, das Haus auf Vordermann zu bringen. Doch "ich gebe mich da keinen großen Hoffnungen hin", sagt Grimberger, der auf die Verpflichtung der Eigentümer verweist, das Geld für die Sanierung beizusteuern. Ob diese ihrer Verpflichtung nachkommen werden, scheint zweifelhaft.
Von Mirco Overländer
zurück
|