16.04.2012
Selbst ist die Feuerwehr
Eine Spritzwand mit zwei Löchern, Schlauch und überlaufenden Eimern – das war gestern. Die Freiwillige Feuerwehr Niederursel stellte ihre Hightechwand mit automatischer Wasserzähl- und Alarmanlage mit Sirene und Blaulicht vor. Eine technische Revolution, nur spritzen müssen die Kinder noch selbst.
Wie gebannt zielt Jonas (12) mit dem Schlauch auf das rechte Loch, ab und an spritzt Wasser über die Motivwand mit der stilisierten feuerroten Frankfurter Skyline im Hintergrund. Der Arm wird langsam schwer, denn es strengt an, den Strahl mit dem Schlauch konzentriert zu bündeln. Dann passiert es: Das Blaulicht geht plötzlich an, das Martinshorn spielt das wohlbekannte "Tatütata". Wie von Geisterhand spritzt das linke Loch einen kurzen Wasserstrahl zurück. Doch Jonas ist Sieger. "Das hat jetzt sicher drei oder vier Minuten gedauert", schätzt er.
Einweihung war ein Spaß
Jonas wird schnell korrigiert. "Das fühlt sich nur so lange an, es waren höchstens 40 Sekunden. Mit etwas Übung aktiviert man die Anlage in einer halben Minute und verspritzt dabei 12 bis 13 Liter Wasser", erklärt Feuerwehrmann Maximilian Locher. Zusammen mit dem Maschinenbauer Jörg Müller hat der Elektriker die moderne Hightechwand mehrfach konstruiert, berechnet, ausprobiert und dann nachjustiert. Gestern erfolgte die Einweihung im kleinen Kreis der Mitglieder und Sponsoren.
Wenn die Niederurseler Wehr ihre Wand am großen Aktionstag der Freiwilligen Feuerwehr am 28. April am Eisernen Steg vorstellt, sind die beiden Tüftler sicher: "Wir präsentieren etwas Einmaliges in Frankfurt, vielleicht sogar in Deutschland." Doch bei der Einweihung zeigte sich die Wand etwas "rechtslastig": So verloren die Kämpfer auf der linken Seite öfter und wurden "zur Strafe" nassgespritzt. So musste sich Stefan Vaupel in der Sponsorenrunde Rudi Wagner geschlagen geben. Und auch die kleine Marlene (5) siegte auf der rechten Seite.
"Das wird statistischer Zufall sein. Oder die Umdrehungszahl des Turbinenrades ist auf der linken Seite noch einen kleinen Tick langsamer, das wird überprüft", erklärt Müller ruhig und kompetent. Kein Zweifel: Ein halbes Jahr Arbeitszeit und rund 220 Stunden Mühe hat er mit Locher und dem Maler Martin Berg in die Wand gesteckt. Rund 2800 Euro reine Materialkosten musste die Wehr dafür investieren. "Unsere alte Wand war kaputt. Nach 20 Jahren war das Holz völlig durchgeweicht, das System mit Federdruck und überlaufenden Eimern nicht mehr zeitgemäß. Doch Blaulicht hatte die Anlage auch schon", erinnert sich Müller.
Vielleicht ein Patent?
Das Team wollte neue Maßstäbe setzen: Anstelle der Eimer traten computergesteuerte Turbinenräder. "Hinter der Wand ist ein Rechner integriert, der bei genau 400 Umdrehungen den Alarm auslöst", verrät Locher. Natürlich wurde alles mehrfach isoliert und verblendet – zum Schutz vor Nässe ebenso wie vor Neugierigen, die das System kopieren könnten. "Die genauen Details verraten wir nicht so gerne. Wer weiß, vielleicht kriegen wir ein Patent und können unsere Wand in Serie für andere Wehren bauen", erklärt Locher augenzwinkernd. Vorerst begnügen sich Müller und Locher damit, den Jugendwarten die Sicherheitsschalter zu erklären, um die derzeit 22 Jugendfeuerwehrleute mit Spaß an den Umgang mit dem Schlauch heranzuführen. "Viele Teile haben wir von Hand hergestellt und programmiert", schwärmt Müller. Man kommt darauf, aber nicht dahinter. (got)
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