22.05.2012
Stehender Kick im Staub
SV Niederursel muss weiter auf den dringend benötigten Kunstrasenplatz warten.
Große Fußballer brachte der SV 1919 Niederursel in seiner Vereinsgeschichte schon hervor. Derzeit jedoch haben die Sportler nicht viel Freude am Kicken, ein Kunstrasen muss her. Doch dafür liegt das Sportgelände aus Sicht der Stadt am falschen Ort.
Ein Idyll wie in der Provinz: Der Urselbach fließt entlang des Sportgeländes ins Tal, das Areal umgeben von Weiden und sattem Grün. Doch genauso wie das Vereinsgelände wirkt, als würde es fernab der Stadt liegen, so sehen auch die Sportplätze des SV Niederursel aus wie viele Spielflächen in klammen Hintertaunusgemeinden.
Eintracht-Spieler lernten hier
Den Rasenplatz des Sportvereins haben Wühlmäuse annektiert, der Hartplatz ist ein Relikt aus der wallmannschen Ägide. Seine staubigen Bestandteile stecken in den Schürfwunden des Niederurseler Fußballnachwuchses ebenso wie unter der Haut der Eintracht-Legenden Ralf Falkenmayer und Ronny Borchers. Beide lernten hier beim SV das Kicken. Jugendleiter Michael Mehrer fragt sich, ob der Verein auch in Zukunft solche Talente hervorbringen kann. Noch bleiben die jetzigen Spieler dem SV Niederursel treu. Doch viele Kinder aus Frankfurter Nordwesten wagen ihre ersten fußballerischen Schritte inzwischen beim SC Riedberg. "Die haben schließlich einen feinen Kunstrasenplatz", so Mehrer, "dagegen haben wir kaum Argumente".
Schon jetzt teilen sich die SV-Mannschaften beim Training Viertel des untergrabenen Rasenplatzes. Und ab Oktober, so Jugendleiter Mehrer, finden Spiele und Trainingseinheiten ausschließlich auf dem Hartplatz statt. Um die Spieler bei Laune zu halten, hat der SV die Kabinentrakte in den Vereinsfarben schwarz-gelb gestrichen, Graffito sollen die Jugendmannschaften ansprechen. Für Mehrer und den Vereinsvorsitzenden Antonio Pfeiffer sind dies jedoch nur Maßnahmen auf Zeit. Mehrers Sohn Morten (9) drückt aus, was viele Spieler denken: "Sobald ich weiß, dass wir auf dem Hartplatz spielen, sinkt bei mir die Vorfreude aufs Spiel. Ich traue mich nicht wirklich in Zweikämpfe zu gehen aus Angst vor Schürfwunden."
Aus Sicht von Pfeiffer führt jene Angst dazu, dass die Spieler in ihrer fußballerischen Entwicklung gehindert werden. Wer die grundlegenden Fähigkeiten nicht in der Jugend erlernt, der kann dies als erwachsener Kicker nur schwer nachholen. Rund 280 Jugendspieler zählt der SV 1919.
Die Untere Naturschutzbehörde sowie das Frankfurter Sportamt lehnen den Umbau des Hartplatzes in einen Kunstrasen ab, da die Auslaufflächen im Falle eines Hochwasser des Urselbaches zu klein seien. Mehrer und Pfeiffer können dies nachvollziehen. Gleichzeitig rätselt der Jugendleiter, warum Sportdezernent Markus Frank vor zwei Jahren leere Versprechungen machte: "Er sagte, dass wir aufgrund unserer großen Jugendabteilung unbedingt einen Kunstrasen brauchen. In spätestens zwei Jahren hätten wir einen, versprach er."
Doch noch immer müssen sich die SV-Kicker dazu durchringen, auf dem Hart- oder dem löchrigen Rasenplatz zu spielen. Wie Pfeiffer berichtet, zog sich erst am Donnerstag ein Spieler einen Bänderriss zu, als er beim Training in einem Loch auf dem Rasenplatz umknickte.
Frühestens 2013
Gerwin Fassing, Sportreferent von Dezernent Frank, macht dem SV 1919 nun ein wenig Hoffnung: "Denkbar ist eine Realisierung des Kunstrasens ab dem Jahr 2013. Allerdings müssen wir prüfen, wie wir das Hochwasserproblem lösen. Unser Dezernat ist für alle Überlegungen offen." Fassing kann sich auch vorstellen, dass statt dem Hartplatz der Rasenplatz in Kunstrasen umgewandelt wird, da dieser höher liege als der Hartplatz. Dies hänge jedoch vom Verein ab, so Fassing.
Vielleicht wird die Entwicklung beschleunigt, wenn sich SGE-Legende Charly Körbel auf dem Platzuntergrund verletzt – was wir natürlich nicht hoffen. Er kommt am heutigen Mittwoch mit der Eintracht-Traditionsmannschaft für ein Benefizspiel zugunsten des Kinderprojektes "Die Arche" zum SV Niederursel. Anpfiff ist um 18 Uhr.
Artikel Frankfurter Neue Presse vom 22. Mai 2012,
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