13.03.2015
Der Maulwurf ist los
Maulwurfshügel wohin das Auge reicht – seit einigen Wochen ist der pelzige Geselle auf dem Friedhof Niederursel aktiv und verwandelt die Ruhestätte in eine Hügellandschaft. Sehr zum Ärger der Besucher. Der Stadt sind allerdings die Hände gebunden – der Maulwurf steht seit 1988 unter Naturschutz.
An einigen Stellen des Friedhofs in Niederursel sieht es aus wie auf einem Mond – ein Erdhügel, vielleicht 30 Zentimeter groß und eine halben Meter breit, reiht sich dort an den nächsten. Schnell ist klar: Hier war ein Maulwurf oder sogar eine ganze Maulwurf-Familie eifrig am Werk. Denn in manchen Ecken gibt es so viele Hügel, dass Wilhelm T. einen wahren Slalom-Lauf hinlegen muss.
Der Frankfurter, dessen Vater auf dem Friedhof begraben ist, ärgert sich über die derzeit herrschenden Zustände auf dem Niederurseler Gottesacker. Sowie über die Stadt Frankfurt, die gegen die fleißigen Maulwürfe und ihre Erdaushübe nichts unternimmt. Weil der Maulwurf seit 1988 unter Naturschutz steht.
„Das akzeptiere ich. Allerdings gibt es auch natürliche Methoden, mit denen Maulwürfe vertrieben werden können. Das erwarte ich von einer Metropole wie Frankfurt und nicht, dass sie ihre Friedhöfe mehr und mehr verkommen lässt“, sagt Wilhelm T. und zeigt auf ein Grab, in dem der Insektenfresser ganze Arbeit geleistet hat. Ein großer Erdhügel prangt dort zwischen den Blumen. Den mit kleinen Mauern umrandeten Gräbern ist der Maulwurf übrigens fern geblieben.
„Ein Friedhof ist eine Gedenkstätte. Hier liegen nicht nur Menschen, sondern auch Geschichten und Schicksale. Dementsprechend muss die Stadt diese Grünflächen auch pflegen und wertschätzen“, fordert der Friedhofsbesucher. Zwar habe sich auch in den vergangenen Jahren „hin und wieder“ mal der ein oder andere Maulwurf bis nach Niederursel verirrt. So schlimm wie in diesem Jahr sei es allerdings noch nie gewesen.
Stadt ist machtlos
Auch wenn Harald Hildmann, stellvertretender Leiter des Amts für Friedhofsangelegenheiten, den Ärger der Besucher verstehen kann, so sind ihm und seinen Mitarbeitern die Hände gebunden. Eben weil der Maulwurf geschützt ist und auf der Roten Liste steht. „Das lässt uns ganz wenige oder eben gar keine Möglichkeiten, etwas gegen den kleinen Gesellen zu unternehmen. Weil wir ihn in seinem Treiben nicht beeinflussen, geschweige denn fangen oder töten dürfen“, erklärt er, dass es ebenso verboten ist, die Erdhügel zu entfernen. Lediglich erlaubt sei es, den Maulwurf zu vergrämen. Und so das Graben an einer Stelle für ihn unattraktiv zu machen. „Zum einen sind die Methoden mit umgedrehten Flaschen im Hügel, unangenehmen Gerüchen oder Ultraschall sehr fraglich. Zum andern schlägt der Maulwurf sein Lager dann eben zehn Meter weiter auf“, gibt er aber zu bedenken.
Tiere vergrämen
So haben die Pächter der Gräber aber zumindest die Möglichkeit, den Maulwurf mit natürlichen Mitteln von der eigenen, der gepachteten Grabfläche zu vergrämen. „So- lange sie die Grenzen nicht überschreiten, können sie dies tatsächlich tun. Allerdings sollte man sich über entsprechende Methoden doch zunächst im Fachhandel informieren“, empfiehlt Hildmann. Die Ruhe der Toten wird übrigens durch den Maulwurf nicht gestört – maximal einen Meter tief gräbt er. Die Gräber liegen deutlich tiefer und sind somit nicht in Gefahr.
Wer dem Maulwurf massiv zu Leibe rückt und dabei erwischt wird, dem droht im schlimmsten Falle sogar ein Bußgeld, weiß Christa Mehl-Rouschal von der Unteren Naturschutzbehörde. „Der Maulwurf ist ein Teil der Natur und wird jedes Frühjahr aktiv. Manchmal mehr, manchmal eben weniger. Man muss sich nun mal mit dem putzigen Kerlchen arrangieren und mit ihm leben“, sagt sie.
Artikel Frankfurter Neue Presse vom 13.03.2015. Von Judith Dietermann
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