12.08.2018
Lehrschwimmbecken vor dem Abriss
Das Bad der Ernst-Reuter-Schule ist im neuen Bäderkonzept nicht enthalten. Kinder sollen künftig ins geplante Schwimmsportzentrum an der Sportuni in Bockenheim pendeln.
Die Sanierung der Ernst-Reuter-Schule in der Nordweststadt ist ein leidiges Thema – und lange überfällig. Auf dem campusartigen Areal der integrierten Gesamtschule gibt es unzählige offene Baustellen. Eine davon ist die Schwimmhalle, die wegen Statikproblemen seit Jahren nicht mehr genutzt werden kann. Ein Ersatzbau war von der Stadt zugesichert worden, doch der wird im neuen Bäderkonzept nicht aufgeführt, was in der Sitzung des Ortsbeirats 8 am Donnerstagabend für Aufregung sorgte.
Der Tagesordnungspunkt zum Erhalt des Lehrschwimmbeckens der Ernst-Reuter-Schulen lockte viele Eltern und Lehrer zur Bürgerfragestunde ins Nordwestzentrum. Darunter Henrich Zorko, Sportlehrer an der Ernst-Reuter-Schule II. Er vertritt die Ansicht, dass ein Lehrbecken vor Ort dringend benötigt wird. „Seit wir das Bad nicht mehr nutzen können, können immer mehr Kinder nach der Grundschule nicht richtig schwimmen.“ Der Schwimmunterricht käme einfach zu kurz; auch deshalb, weil die Gruppen stetig größer würden. Dabei werde ein Unterricht in Kleingruppen in einem multikulturellen Bezirk wie der Nordweststadt immer wichtiger. „Einige Eltern wünschen sich aus religiösen Gründen, dass ihre Töchter in reinen Mädchengruppen unterrichtet werden“, so Zorko. „Damit sie ihre Kinder überhaupt am Schwimmunterricht teilnehmen lassen, müssen wir Vertrauen aufbauen – und das ermöglicht uns ein eigenes Schwimmbad.“
Mit dem allgemeinen Rückgang der Schwimmfähigkeit bei Kindern argumentiert auch die Heddernheimer Kinderbeauftragte Sandra Schmidt. Laut einer Umfrage der DLRG seien knapp 60 Prozent der Zehnjährigen Nichtschwimmer. Das sei vor allem auf die mangelnde Schwimmausbildung an den Grundschulen zurückzuführen. Die soll im Falle der Ernst-Reuter-Schule, so steht es im Bäderkonzept, durch das geplante Schwimmsportzentrum an der Sportuni in Bockenheim verbessert werden.
Schwimmlehrer Zorko befürwortet das Projekt prinzipiell, nur löse es für ihn die Frage nach dem Zeitmanagement nicht. „Schon jetzt geben uns die Titus Thermen die Trainingszeiten vor, die sich nicht immer mit den Stundenplänen vereinbaren lassen.“ Mit dem neuen Sportzentrum sei es dann die Anfahrt, die wertvolle Unterrichtszeit kostet. „Bis wir mit den Schülern dort sind, stehen uns effektiv noch 20 Minuten im Wasser zur Verfügung.“
Außerdem werde das Thema Inklusion im Bäderkonzept nicht berücksichtigt, kritisiert Gerhard Schneider, Direktor der Ernst Reuter-Schule I. Dies trifft auch den Kern des SPD-Antrags. Antragsteller Jürgen Schmidt bemängelt darin, dass der Transport von Schülern mit Behinderung zum geplanten Schwimmsportzentrum nicht bedacht wurde. Katja Klenner (CDU) merkt diesbezüglich an, dass der Antrag nicht ausschließlich mit der Inklusion argumentieren, sondern auch die aktuellen Statistiken, etwa der DLRG-Studie, berücksichtigen sollte.
Der Ortsbeirat einigte sich schließlich darauf, den Antrag zu schieben. Im Hinblick auf die in der Sitzung gesammelten Argumente soll er umformuliert und anschließend interfraktionell an den Magistrat verabschiedet werden. Zudem wollen die Stadtteilpolitiker Sportdezernent Markus Frank (CDU) zu einer ihrer nächsten Sitzungen einladen. Er soll erklären, warum das Lehrschwimmbad nun doch nicht saniert werden soll – und das, obwohl im Investitionsprogramm 2018 Haushaltsmittel für den Abriss oder Neubau der Schwimmhalle der Ernst-Reuter-Schulen vorgesehen waren.
Artikel Frankfurter Rundschau, vom 12.08.2018. Von Laura Franz
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