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23.06.2018

Nordwestzentrum: Vom Schrottplatz zur Shoppingmall

Es war ein Mammutprojekt und eine Erfolgsgeschichte, die vor 50 Jahren begann: 100 Millionen Mark kostete der Bau des am 4. Oktober 1968 eröffneten Nordwestzentrums. Oben gab es Geschäfte, soziale Einrichtungen, eine Feuerwache und ein Polizeirevier, durch den Untergrund rollte die erste Frankfurter U-Bahnlinie. Seitdem ist viel passiert . . .

Ein Schrottplatz mit alten amerikanischen Autos und ein paar Lastwagen, ein Tümpel mit Kaulquappen umgeben von jeder Menge Schlamm. So sah der Ort Anfang der 1960er Jahre aus. Heute steht dort eines der beliebtesten Einkaufszentren der Stadt: das Nordwestzentrum. Rund neun Hektar groß sowie 400 Meter lang und 250 Meter breit war das Oval inmitten der Nordweststadt, das unangetastet blieb, während rundherum ein Gebäude nach dem anderen aus dem Boden schoss. Die Bewohner der Nordweststadt stellte diese Brachfläche vor Herausforderungen. Denn es war so schlammig, dass man nicht sauberen Fußes zur Bushaltestelle kam. Also wurden daheim Regenstiefel angezogen und an der Station erst schlüpfte man in die guten Schuhe und fuhr in die Stadt. Auf dem Rückweg folgte das umgekehrte Prozedere. So ist verständlich, dass sie es kaum erwarten konnten, dass auf dem Areal endlich etwas passiert.

Neuer Mittelpunkt

Schließlich stand schon 1961 fest: Auf diesem geometrisch exakt begrenzten Oval sollte einmal die Mitte des neuen Stadtteils entstehen. Ein Kultur- und Geschäftszentrum, so der damalige Arbeitstitel. „Dabei sollte das Zentrum nicht nur eine Bedarfsdeckungs-Station sein, sondern sowohl der geschäftliche und kulturelle wie auch verkehrliche Mittelpunkt der Nordweststadt. Zudem soll es über die Grenzen des Stadtteils hinaus die Menschen anziehen“, hieß es damals in der Ausschreibung für einen Ideenwettbewerb. 50 Jahre später kann und muss man sagen: Das hat funktioniert. Auch wenn dafür einige Höhen und Tiefen überwunden werden mussten.

Dabei lief zu Beginn alles glatt. Binnen Rekordzeit wurde das 100 Millionen Mark teure Zentrum des Eigentümers „Neue Heimat Städtebau“ aus Hamburg erbaut, nur zweieinhalb Jahre nach dem Spatenstich am 14. Juli 1965 wurde am 4. Oktober 1968 Eröffnung gefeiert – eineinhalb Jahre eher als ursprünglich geplant. Am gleichen Tag nahm auch die Frankfurter U-Bahn ihren Betrieb auf. Um 13 Uhr rollte die erste Bahn auf der 8,2 Kilometer langen Strecke zwischen der Hauptwache und dem Nordwestzentrum.

Die Stadt in der Stadt

Die Einweihung des Zentrums wurde zum Volksfest: Mehr als 400 000 Besucher kamen bereits am ersten Tag und flanierten über Limes-, Nida- und Tituscorso. 70 Geschäfte gab es damals, rasch kamen ein Alten- und ein Jugendclub, eine Feuerwache, ein Polizeirevier, Banken und Arztpraxen hinzu. Dazu kamen die staatlich höhere Fachschule für Sozialarbeit sowie die staatliche höhere Wirtschaftsfachschule samt Aula, Hörsaal, Turnhalle, Werkräumen und einem 13-stöckigen Wohnheim mit 216 Betten.

Die Stadt in der Stadt entwickelte sich ganz so, wie der Magistrat der Stadt Frankfurt es sich vorgestellt hatte. Erreicht werden konnte diese kleine Stadt übrigens, damals wie heute, über die für die Nordweststadt typischen Fußgängerbrücken. Fünf davon führen zum Zentrum: Nordwest-Steg, Niederurseler Steg, Heddernheimer Steg, Römerstadt-Steg und Praunheimer Steg. Allesamt über den Erich-Ollenhauer-Ring, der das Zentrum als Straße umschließt.



Nach dem Aufstieg des Nordwestzentrums folgte der Abstieg, denn viel getan wurde nicht mehr. Anfang der 1980er Jahre war der Komplex marode, die Kunden blieben weg. Regenwasser griff die Bausubstanz an. Die Pfeiler in der Tiefgarage mit 2050 Parkplätzen waren brüchig, große Teile wurden abgesperrt. Die Wende kam mit dem neuen Eigentümer. 1985 kauften Georg Faktor und sein Sohn Robert gemeinsam mit Josef Buchmann das Zentrum für 88 Millionen Mark. Mit dem Ziel: Eine Shoppingmall mit Flair zu schaffen – nach amerikanischem Vorbild.

Insgesamt 400 Millionen Mark wurden in den kommenden Jahren in Sanierung und Umbau gesteckt. Die wohl größte, vor allem optische Veränderung kam 1988 – zwischen dem Hertie-Kaufhaus und dem Toom-Markt wurde das 14 Meter hohe Fassadendach gebaut. Aus 5200 Scheiben.

Bei der Wiedereröffnung am 14. Oktober 1988 – als Attraktion schwebte ein Zeppelin unter der neuen Glaskuppel – gab es nun 114 Geschäfte. Der Aufwand des Umbaus lohnte sich, zu Beginn der 1990er Jahre kletterte der Jahresumsatz auf 300 Millionen Mark.

1994 folgte der nächste Coup – die großflächige Erweiterung wurde geplant. Doch zunächst wurden der Walter-Möller-Platz umgestaltet und die Titus-Thermen gebaut. Der für den Platz so typische Klimaturm, die Brunnenplastik von Hermann Goepfert und Johannes Peter Hoelzinger, verschwand übrigens bereits 1987. Die Stadt sah sich nicht mehr in der Lage, diesen zu unterhalten. Seit langem lagert die 14 Meter hohe und zwei Meter breite Skulptur in Neu-Isenburg. Zwar gibt es immer wieder Überlegungen, den Turm wieder aufzustellen. 250 000 Euro würde das kosten, Geld das die Stadt derzeit nicht hat.

Der große Knall

Vorschläge, das Zentrum mit einer Plattform über die Rosa-Luxemburg-Straße zu erweitern konnten sich nicht durchsetzen. Konkret wurde die Expansion schließlich im März 2000, mit dem Kauf der Fläche der Fachhochschule. Zwei Jahre später kam es zum großen Knall: Der 1968 gebaute und 1999 geräumte Wohnturm der Fachhochschule wurde mit 30 Kilogramm Dynamit gesprengt, 35000 Tonnen Bauschutt mussten abtransportiert werden. Jetzt war der Weg frei für den Modeboulevard, der am 28. September 2004 eröffnet wurde. Zudem wurden die Parkplätze erweitert, auf 3500. Mit 150 Geschäften war das NWZ zu diesem Zeitpunkt sogar das größte Einkaufszentrum Deutschlands.

Doch sich auf den Lorbeeren ausruhen, abwarten und Teetrinken, das war noch nie die Eigenschaft von Eigentümer Josef Buchmann und Centermanager Georg Lackner, der den Posten 2002 übernahm. Und so hat längst die nächste Erweiterung begonnen. Mit dem Auszug von Polizei und Feuerwehr vor gut einem Jahr ergaben sich neue Möglichkeiten. 60 bis 80 Millionen Euro kostet der derzeit laufende Umbau, 40 000 der rund 90 000 Quadratmeter werden dabei angefasst, 4500 Quadratmeter kommen neu hinzu. Technik und Brandschutz werden auf den neuesten Stand gebracht, Ladenflächen verkleinert und vergrößert. Viele der neuen Geschäft sind bereits eröffnet, bis zum 4. Oktober soll alles fertig sein. Pünktlich zum 50. Geburtstag des Nordwestzentrums.

Artikel Frankfurter Neue Presse, vom 23.06.2018.Von JUDITH DIETERMANN

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