04.01.2019
´´Argumente besser als Adrenalin´´
Klaus Nattrodt ist Vorsteher des Ortsbeirats 8. Ein Gespräch über die Stadtteile Niederursel, Heddernheim und die Nordweststadt.
Herr Nattrodt, im November wurde die Gedenkstätte „Arbeitserziehungslager Heddernheim“ eröffnet. Mehr als zehn Jahre hat sich Ihr Ortsbeirat für eine angemessene Aufwertung des Mahnmals eingesetzt. Was bedeutet es für Sie, dieses Großprojekt mit zum Abschluss gebracht zu haben?
Natürlich freut es einen, wenn man so ein großes Projekt umgesetzt hat. Es hat allen Beteiligten sehr viel Zeit und Hartnäckigkeit abverlangt. Neben den intensiven Diskussionen über den Text waren es die vielen kleinen Dinge, die Arbeit machten. Ich nenne hier beispielsweise den Stromanschluss, der Nerven gekostet hat. Dass es nun eine so tolle Anlage geworden ist, war ursprünglich gar nicht geplant. Es sollten die Gebüsche geschnitten und mal richtig gekehrt werden. Der Ortsbeirat hätte aus seinem Budget zwei neue Gedenktafeln aufgestellt. Die etwas höheren Ausgaben haben sich aber gelohnt.
Ein weiteres langwieriges Thema ist das umstrittene Bauvorhaben „Nördlich Am Stockborn“. Auch hier tat sich im November etwas: Die ersten Bäume wurden in Vorbereitung auf den geplanten Hochhausabriss gefällt – unangekündigt. Fühlen Sie sich von der Stadt übergangen?
Nein. Es ist schon sehr selten, dass ein Ortsbeirat so tief in die Planung von Bauvorhaben involviert wird. Mehrere solcher Projekte würden die Ortsbeiratsmitglieder auch zeitlich nicht bewältigen. Wichtig ist, dass die jetzige Ruine aus dem Straßenbild verschwindet.
Stichwort Kommunikation: Vor einem Jahr kritisierten Sie, dass der Informationsaustausch zwischen Stadt und Ortsbeirat besser funktionieren könnte. Hat sich die Situation 2018 verbessert?
Ja. Mit der Kommunikation unter den Fraktionen im Römer versus denen im Ortsbeirat 8 scheint es sehr gut zu stehen, nachdem mit dem Bebauungsgebiet entlang der A5 ordentlich Druck gemacht wurde.
Der geplante neue Stadtteil westlich Niederursels erregt nach wie vor die Gemüter. In der Novembersitzung etwa diskutierten Sie im Gremium den Ankauf von Ackerland im Baugebiet durch die ABG. Wie wollen Sie im kommenden Jahr mit dem Thema umgehen?
Wir begleiten die ergebnisoffene Untersuchung. Je nachdem, wie das Ergebnis ausfällt, werden die Fraktionen reagieren. Mit einer Zahl von 30 000 neuen Mitbürgern im Ortsbezirk würden wir erhebliche Probleme mit der vorhandenen Infrastruktur bekommen. An den Themen wie Verkehr und Klima werden wir die unterschiedlichen Meinungen im Ortsbeirat sehen.
Die Niederurseler Außenstelle des Sozialrathauses wurde geschlossen, das Areal der Gemeinde St. Matthias soll veräußert werden, die Stelle der Quartiersmanagerin ist nach wie vor befristet, das Kleine Zentrum verliert an Attraktivität: Es gibt immer weniger Anlaufstellen im Ortsbezirk. Was bedeutet das für den Frankfurter Nordwesten?
Die Aufzählung erscheint auf den ersten Blick dramatisch, das stimmt. Punkt für Punkt betrachtet sieht man aber nicht nur das gewiss Negative. Die Außenstelle des Sozialrathauses wurde wegen der geringen Fallzahlen geschlossen. Diese werden jetzt von der Caritas übernommen. Über die weitere Zukunft von St. Matthias ist das letzte Wort auch noch nicht gesprochen. Sorge bereitet mir in der Tat das Kleine Zentrum. Nicht nur wegen der Gebäudesituation. Zur Attraktivität gehören Sicherheit und Sauberkeit, die in letzter Zeit spürbar nachgelassen haben. Aber auch hier ist mittlerweile eine Gesprächsbereitschaft der Beteiligten zu erkennen. Es wird noch viel Anstrengung kosten, wieder normale Zustände zu schaffen. Das wird der Ortsbeirat alleine auch nicht schaffen.
Was waren neben der Eröffnung des Lagers Erfolge Ihrer Arbeit?
Zu den Aufgaben des Ortsbeirats gehört das Klein-Klein – und da ist jeder umgesetzte Antrag ein Erfolg. Schön ist, wenn man mal etwas Neues wagen kann. Das muss nichts Teures sein. Zum Beispiel der offene Spielzeugschrank im Stiftsgarten.
Nach über zwei Jahren ein eingespieltes Team, so scheint es: Wie bewerten Sie die Zusammenarbeit im Gremium 2018?
In meinen 17 Jahren als Ortsvorsteher hat sich der Ortsbeirat 8 wohl mit zu den harmonischsten Stadtteilparlamenten Frankfurts entwickelt. Das ist auch gut so. Argumente sind in der Politik halt besser als Adrenalin.
Welche neuen Projekte haben Sie sich für 2019 vorgenommen?
Keine – sie kommen auf mich zu. Spaß beiseite. Wichtig ist, dass die Mitglieder des Ortsbeirats ein offenes Auge für ihr Umfeld und ein offenes Ohr für die Anliegen ihrer Nachbarn haben. Dann klappt es.
Artikel Frankfurter Rundschau, vom 03.01.2019. Von Laura Franz
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