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18.02.2005

Lernen, wie Demokratie funktioniert

Vor kurzem hat die Albert-Griesinger-Schule eine Schülervertretung (SV) eingerichtet.

Sechzehn geistig behinderte Jungen und Mädchen machen von ihrem Mitspracherecht Gebrauch, werden selbständiger und lernen nebenbei noch, wie Demokratie funktioniert.

Sieht ein Protokoll aus einer Sitzung mit geistig behinderten Klassensprechern anders aus? Der 17-jährige Christopher liest vor: Die Anwesenheitsliste, die Abstimmungsergebnisse über Unterrichtsinhalte, das Thema Streit in der offenen Runde, der nächste Sitzungstermin. Übliche Programmpunkte, wie man sie auch an einem Gymnasium antreffen könnte. Dennoch sieht das SV-Protokoll anders aus. Am Textrand sind Symbole platziert, die von dem Bildsystem Boardmaker stammen. "Solche Piktogramme sind für uns eine wichtige Hilfe. Jeder Schüler kann immer nur im Rahmen seiner Möglichkeiten kommunizieren, manche müssen ohne Sprache auskommen", sagt die Lehrerin Barbara Kretz.

Gemeinsam mit der Referendarin Katja Adl-Armini hat sie die Schülervertretung ins Leben gerufen. "Aufgrund des Hilfebedarfs fühlen sich viele behinderte Schüler fremdbestimmt und abhängig", sagt Kretz. Viele hätten kaum eine Vorstellung von eigenen Wünschen. Daher seien Mitspracherecht und soziale Verantwortung wichtige Prinzipien bei der Gründung der SV gewesen, so Kretz.

Nachdem die ersten Sitzungen noch stark von den Lehrern mitgestaltet werden mussten, managen die 16 Mädchen und Jungen zwischen 14 und 18 Jahren die Treffen mittlerweile relativ selbstständig. Und machen von ihrem Mitspracherecht Gebrauch. Die Klassensprecher Christopher und Christina wurden beim Schulleiter Peter Walter vorstellig, um sich die schriftliche Genehmigung zum gewünschten Projekttag "Streit schlichten" einzuholen. Auch eine Fußball AG, eine regelmäßige Disco sowie eine gemeinsame Hofpause wurden auf Anregung der SV eingerichtet. Die Lehrer der Albert-Griesinger-Schule waren bisher frei in der Gestaltung der Pausen- und Unterrichts-Rhythmen.
br> Mittlerweile stimmen die Schüler auch basisdemokratisch über Unterrichtsinhalte ab. Die Klassensprecher ermitteln über Umfragezettel, was ihre Mitschüler lernen und spielen möchten. Auf der vergangenen SV-Sitzung wurden dann künftige Themen festgelegt. Der 16-jährige Erkan hat sich für Sport stark gemacht, insbesondere für Fußball. Geplant ist, ein schulübergreifendes Fußballturnier zu organisieren. Aber auch für die gemeinsame Hofpause hat er gestimmt. Da könne er dann seinen Freund Mohammed treffen, sagt Erkan. "Die Hofpause hat auch Regeln", erklärt er und zeigt auf das Schwarze Brett der SV. "Bei Streit gibt es eine gelbe oder eine rote Karte. Ganz wie beim Fußball", erklärt er und hüpft auf einem Bein um die Ecke.

Katja Adl-Armini hat einen Film über die Schülervertretung gedreht. Mit dem hat sie sich bei der Stiftung "Brandenburger Tor" der Bankgesellschaft Berlin beworben. Die Stiftung schreibt zum sechsten Mal einen Ideenwettbewerb zum Thema Verantwortung übernehmen aus. "Wenn wir gewinnen, fahren wir alle nach Berlin," sagt Kretz.

Von Katja Bongardt




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