27.06.2005
Was Drogenberater im Weiher finden
Regenschirme, Autoradkappen, Einkaufskarren – was fein säuberlich aufgereiht auf einer Wiese im Martin-Luther-King-Park liegt, ist nicht die Ausbeute des letzten Flohmarktbesuches, sondern die Bilanz einer sorgfältigen Reinigung des angrenzenden Weihers.
Mehrere Stunden lang haben Ulrich Gottschalk (55) und 14 weitere Mitglieder des Drogennotrufes, eines Vereines, der Beratung und Reintegrationsprojekte für Drogenabhängige und deren Angehörige anbietet, Unrat, Äste und Schilf aus dem dunkelgrünen Gewässer gefischt. 15 Plastiksäcke mit Müll stapeln sich am Ufer des Weihers, der aufgewirbelte Faulschlamm verströmt einen süßlichen Geruch, doch Gottschalk und seine Mitarbeiter sind dennoch freudig überrascht. «Wir hatten Schlimmeres erwartet», so der Geschäftsführer des 1989 gegründeten Zusammenschlusses, dessen Mitarbeiter unter der Rufnummer 62 34 51 täglich anonyme Telefonberatung anbieten.
Mit der ehrenamtlichen Säuberungsaktion, die der Verein in Absprache mit dem Grünflächenamt der Stadt in die Wege leitete, wollen die rund 35 Mitglieder des Drogennotrufes ein Zeichen setzen: «Wir leben in Frankfurt, wir mögen diese Stadt, und wir profitieren von ihren kulturellen und sozialen Einrichtungen. Deshalb liegt es uns am Herzen, auch etwas zum Gemeinwohl beizutragen.» Der Reinigungsaktion im Martin-Luther-King-Park sollten weitere ehrenamtliche Projekte folgen, etwa in Zusammenarbeit mit Kindergärten oder sozialen Einrichtungen. Der Verein werde sich zwecks Planung künftiger Einsätze mit dem Ortsbeirat in Verbindung setzen.
So positiv die Bilanz der Weihersäuberung ausfällt, so kritisch schätzt Gottschalk den allgemeinen Zustand des schilfbewachsenen Gewässers ein. Die Faulschlammbildung sei so weit fortgeschritten, dass der Weiher in spätestens zwei Jahren von Grund auf entschlackt werden müsse. Noch regt sich freilich Leben im schlammigen Nass. Enten scheuchen einander durchs Schilf, und Vereinsvorstand Kai Guthke (37) hat gar einen riesigen Goldfisch entdeckt, der im Wasser seine Kreise zieht. Mit Gummistiefeln, Rechen und Forken bewehrt waten die Helfer durch den Schlamm, filtern Plastiktüten und Bierdosen aus dem Wasser und lichten die wuchernden Schilfgräser. Rund acht Kubikmeter Schilf werden, wie auch die restlichen Abfälle, fachgerecht entsorgt. So viel Einsatz bei gleißendem Sonnenschein beeindruckt den ein oder anderen Passanten: Ein Anwohner steckt Gottschalk eine Geldspende zu. Eine Geste, die den 55-Jährigen und seine Kollegen gleichermaßen erfreut. «Finanzielle Zuwendungen haben wir sehr nötig.»
Neben der örtlichen Telefonberatung stellt der Drogennotruf einen Teil des bundesweit angebotenen Drogenhotline-Dienstes, der unter der Rufnummer (0 18 05) 31 30 31 rund um die Uhr zu erreichen ist. Weiterhin beraten die Sozialarbeiter des Vereins ehemalige Drogenabhängige und Substituierte bei der Arbeitsplatzsuche. «Wir haben seit Beginn des Projektes 1994 rund 200 ehemals Drogenabhängige beraten, qualifiziert und in den ersten und zweiten Arbeitsmarkt vermittelt», sagt Gottschalk.
Ein drittes Angebot ist Alice, ein Streetwork-Programm, das sich an jugendliche Partydrogennutzer im gesamten Rhein-Main-Gebiet richtet. An Schulen, in Discotheken und Technoclubs werden die über die Konsequenzen des Drogenmissbrauchs aufgeklärt. Präventionsarbeit, die der Verein gerne ausbauen würde. «Spenden sind daher stets willkommen», betont Guthke, der ehrenamtlich tätig und umso sparsamer ist – und scherzt mit Blick auf den hochwertigen Kugelschreiber, der gerade aus dem Weiher gefischt wird: «Der wird bei uns neu in Stand gesetzt.» (jul)
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