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03.02.2006

Ernst-Reuter-Schüler lernen von Ehemaligen

Viele Wege führen zum Beruf, und nicht immer sind sie vorher planbar.

Das ist nur eine von vielen Erfahrungen, die die Schüler der Ernst-Reuter-Schule I nach den Berufsorientierungswochen mit nach Hause nehmen. Besonders dann, wenn sich Erwerbstätige wie der Rechtsanwalt Alexander Jaeger und der Eventmanager Elmar Gempper vorstellen. Ordentlich examiniert, klientenfreundlich und strebsam der eine, locker-spontan, pragmatisch und durch den Job lernend der andere. Zwei Menschen, die außer der gemeinsamen Schullaufbahn in der Ernst-Reuter-Schule I im Berufsalltag nicht viel verbindet.

Und doch hatten die Schüler eine Menge Fragen, als die beiden Berufspraktiker und viele andere erwerbstätige Ehemalige sich und ihre Karrieren vorstellten: «Sie sind Rechtsanwalt, aber wie wird man Staatsanwalt oder Richter?», wollte Stella Teichmüller (17) von Jaeger wissen. Denn Juristen gibt es bereits in der Familie der Schülerin. «Dafür brauchen Sie ein Prädikatsexamen nach neun bis zehn Semestern Studium und das Glück, dass der Staat gerade Nachwuchs sucht», erklärte Jaeger. Etwas schneller und ungeplanter kam Gempper nach dem Studium in den USA zu Fujitsu Siemens Computer: «Experten werdet ihr erst durch den Job. Gebt euch flexibel, offen und ehrlich», riet er seinen Zuhörern.

Die Gesprächsnachmittage mit Eltern und Berufspraktikern schließen die Berufsorientierungswochen ab, die die Ernst-Reuter-Schule I jedes Winterhalbjahr für die Jahrgangsstufe 12 anbietet. «Während die einen Schüler noch mal ein Praktikum in einem Betrieb ableisten, absolvieren die anderen ein Programm aus Betriebs- und Hochschulbesuchen, Informationsveranstaltungen und passenden Unterrichtseinheiten», erklärt der organisierende Lehrer Wolfgang Schmitt- Gauer. Mit zu diesem Programm gehört außerdem ein umfassendes Bewerbertraining. Eine Alternative für diejenigen, die entweder keinen geeigneten Praktikumsplatz finden oder sich bereits Richtung Studium und akademische Berufe orientieren wollen.

Dass das Studium jedoch nicht der erste Schritt zum Berufseinstieg sein muss, zeigt ein Blick auf die Liste der Ehemaligen, die regelmäßig von der Schule kontaktiert und zu Erfahrungsberichten eingeladen werden. So absolvierten Eva Brischke und Beate Greul Ausbildungen als Zahnarzthelferin und Kauffrau, ehe sie sich Richtung Pädagogik orientierten. Und Elmar Gempper träumte bereits von seinem Beruf, während er noch als Schüler für Sportveranstaltungen jobbte. Anhand von Veranstaltungen in Portugal und Dubai erläuterte er, wie er das passende Programm für seine Firma organisiert und dabei durch die Welt kommt. Etwas nüchterner stellte Alexander Jaeger dar, wie er Haftungsansprüche nach Unfällen klärt und sich für die Ansprüche seiner Klienten auf Schmerzensgeld einsetzt.

Eine Frage brannte freilich den Schülern beider Referenten auf den Lippen: Kann man von diesen Berufen leben, und das ein Leben lang? Rein finanziell offenbar kein Problem, denn zwischen 40 000 und 60 000 Euro kann man jährlich damit durchaus verdienen. «Doch es wird immer schwieriger, sich dauerhaft auf dem Markt durchzusetzen. 14 000 Rechtsanwälte gibt es bereits im Kammerbezirk Frankfurt», sagte Jaeger. Und Gempper räumte ein, dass sein Beruf in der Regel nur dann reibungslos funktioniert, wenn man familiär ungebunden ist.

Beiden Berufen gemeinsam ist, dass fachbezogene Auslandserfahrungen nur bedingt vorteilhaft sind. «Wenn man jahrelang in den Staaten studiert, verliert man schnell den Überblick über die Bedürfnisse des Arbeitsmarktes in Deutschland», erklärte Gempper. Auch ein Studium in Europarecht in Brüssel nütze wenig, wenn man sich später marktbedingt doch auf Verkehrs- und Versicherungsrecht konzentriert. Allerdings sollte man bis dahin erst einmal die ersten vier Semester Jura erfolgreich bestanden haben, woran bereits 50 Prozent der Studenten scheitern. Jetzt macht sich auch Stella über ein anderes Studienfach Gedanken: «Medizin ist zwar auch schwer, aber wenigstens nicht ganz so trocken», meint sie. Grund genug, sich neu zu orientieren. (got)




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