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03.04.2006

Wenn Lehrer auf die Bühne gehen

Das Schultheaterstudio wurde mit einer italienischen Komödie wiedereröffnet

Ob Schüler oder Lehrer: Wer im Schultheaterstudio an der Ernst-Reuter-Schule eine Commedia dell´ Arte spielt, hat alle Möglichkeiten, seiner Fantasie freien Lauf zu lassen. Denn diese italienische Theatergattung aus dem 16. Jahrhundert lebt von der Improvisation, schreibt den Charakteren nur ein grobes Handlungsmuster vor. So auch in „La dote“ (die Mitgift): Der venezianische Kaufmann Pantalone will wegen der Mitgift seine eigene Nichte Isabella heiraten und glaubt dabei, dank der Tinkturen von Quacksalbern und Aufschneidern in den Jungbrunnen zu fallen. Doch während Pantalone von einer Karriere als Werbemodell träumt, versuchen Arlecchino und seine Freunde den geldgierigen Alten auszutricksen und Isabella ihrem Traummann zuzuführen.

Zur Wiedereröffnung des Schultheaterstudios mit „La dote“ waren allerdings die Schauspielkünste der Lehrer gefragt: Denn so einfach ist es doch nicht, dieses Stück voller Wort- und Körperakrobatik auf die Bühne zu bringen. Damit ambitionierte Lehrkräfte, die sich dem Unterrichtsfach darstellendes Spiel verschrieben haben, die Kunst des Theaters professionell an die Schüler weitergeben können, wurde das Schultheaterstudio im vergangenen dreiviertel Jahr renoviert, bühnentechnisch auf den neuesten Stand gebracht. „Eine Investition, die sich gelohnt hat und an das Ambiente der 60er Jahre erinnert“, befand Bildungsdezernentin Jutta Ebeling (Grüne) zur Eröffnung am Samstagabend.

Normalerweise konzentriert sich das Schultheaterstudio auf den Raum Frankfurt und Südhessen, wenn es um Schauspielprojekte für Schüler oder die Weiterbildung von Lehrern für das Theaterfach an der Schule geht. Lehrer lernen in der mehrteiligen Qualifizierungsmaßnahme für darstellendes Spiel alle wichtigen Schritte von der richtigen Beleuchtung bis zur Theaterpädagogik, müssen aber auch selbst als Schauspieler agieren. Zum Wiedereröffnungsabend kamen auch Lehrergruppen aus Nord- und Mittelhessen in die Nordweststadt, brachten ein einfallsreiches Programm auf die Bühne, von der frühneuzeitlichen Komödie bis zum modernen Ausdruckstheater von Peter Handke.

Dabei mochte sich so mancher „Pauker“ vor allem im ersten Stück wiedererkennen: Nach einer Krimikomödie von Aki Kaurismäki spielte das Odenwald-Projekt der Gruppe Südhessen die Geschichte des unterrichtsmüden Lehrers Heinz, der vor lauter Schulstress zwischen Klassenarbeiten und Papierstau im Kopierer an Kontaktallergie erkrankt und Selbstmord begehen will. Da ihm dies nicht gelingt, engagiert er ein Killerkommando, verliebt sich aber in die Killerin Rosi und schöpft neuen Lebensmut.

Derweil trainierte Katja Pahl, Deutsch- und Englischlehrerin an der Ernst-Reuter-Schule I, während des Verteilens von Programmen bereits ihre Stimme als Arlecchino. „Theater habe ich vor allem als Schülerin gespielt“, erinnerte sie sich. Aber auch als Lehrerin wollte sie mehr als nur Vokabeln und Texte vermitteln. „Die Commedia dell´ Arte wählten wir, da sie in der Kostümierung und in den Darstellungsformen sehr vielfältige Möglichkeiten bietet.“

Das Schultheaterstudio wurde 1987 gegründet, entwickelte sich in den Jahren als Stützpunkt für den Verleih von Theatertechnik und Weiterbildungsmaßnahmen für schulische Theatergruppen. Mittlerweile war das Darstellende Spiel zum eigenen Fach geworden, drohte aber nach der Pisa-Studie zugunsten „harter“ Fächer aufgegeben zu werden. Dem Engagement von Schulpolitikern und dem Kultusministerium ist es zu verdanken, dass die Lehrerausbildung im Theater seit 2002 als gemeinsame Qualifizierungsmaßnahme des Landesverbands Schultheater in Hessen, des Amts für Lehrerfortbildung und des Vereins Kreidefelsen mit Schultheaterzentren in Nord-, Mittel- und Südhessen angeboten wird.

Ein ebenso glückliches Ende nahm freilich auch die Commedia dell´Arte: Isabella fand zu ihrem Bräutigam Orazio, und der geldgierige Pantalone musste mehr als nur die Mitgift zahlen. Auch Katja Pahl war am Ende um eine Erfahrung reicher: „Wer frei improvisieren will, muss erst einmal das präzise Theaterspiel beherrschen. (got)




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