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28.06.2004

Deutscher Verein packt die Koffer

In der Auseinandersetzung um die zukünftige Nutzung des bislang vom Deutschen Verein (DV) für öffentliche und private Fürsorge unterhaltenen Areals Am Stockborn in der Nordweststadt, stoßen Pläne zur Errichtung eines medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) mit integriertem Wohnungskomplex und angrenzendem SB-Markt auf Kritik.

Bei einer öffentlichen Anhörung im Bürgerhaus Nordweststadt sprachen Nachbarn und Vertreter der Fraktionen CDU und SPD sich mehrheitlich gegen das multifunktionale Nutzungskonzept Vimedis aus, das Studenten der Technischen Universität Berlin auf Anfrage des DV entwickelt haben.

Der DV, ein 1880 in Berlin gegründeter und seit 1919 in Frankfurt ansässiger Zusammenschluss aller öffentlichen und freien Träger der sozialen Arbeit, verlegt zur Zeit seine Zentrale nach Berlin und sucht deshalb Investoren für den Hochhauskomplex an der Ecke zum Praunheimer Weg.

Grundstückseigentümerin ist die Waisenhausstiftung der Stadt Frankfurt. Auch die angrenzenden, auf einem Grundstück der Arbeiterwohlfahrt stehenden Gebäude, die bislang vom Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik genutzt werden, sollen verkauft werden.

Weil sich die Suche nach Investoren auf Grund des gültigen Bebauungsplanes, der eine Nutzung der Gebäude durch soziale Einrichtungen vorschreibt, sowie der hohen Sanierungskosten schwierig gestaltete, hatte sich der DV an eine Gruppe junger Architekten, Städteplaner und Bauingenieure des Aufbaustudiengangs Real Estate (englisch = Immobilien) Management gewandt, die ihr Konzept einer wirtschaftlich rentablen Nutzung des Areals auf einer Sitzung des Ortsbeirates vorstellten. Im Zentrum des Modells, das einen teilweisen Abriss der Gebäude vorsieht, den Schwerpunkt aber auf die Sanierung legt, steht ein Medizinisches Zentrum.

«Ein solches Zentrum, bestehend aus Arztpraxen, Fitness- und Therapieeinrichtungen und gesundheitsbezogenen Einzelhandelsgeschäften, ist nicht nur aus Sicht der Investoren interessant, es orientiert sich auch an den Bedürfnissen der älteren Stadtteilbewohner», erklärt Sander Kahlert von der Projektgruppe Vimedis. Ärztehäuser und medizinische Versorgungszentren bergen sowohl für Mediziner, die im Verbund kosteneffizienter arbeiten könnten, als auch für Patienten, die vom Haus- über den Facharzt bis zur Apotheke alles unter einem Dach vorfänden, Vorteile. Gespräche mit Ärzten und Apothekern aus der Umgebung hätten zudem ergeben, dass die Bereitschaft zum Umzug in das MVZ und zur Zusammenlegung von Praxen prinzipiell vorhanden sei.

Das rund 9,5 Millionen Euro teure Projekt sieht neben dem 4300 Quadratmeter großen MVZ eine Fläche von 1500 Quadratmetern für Wohnungen vor, die speziell auf die Bedürfnisse älterer Menschen zugeschnitten sein sollen. Die übrige Nutzfläche von 1080 Quadratmetern entfiele auf einen SB-Markt, der die Grundversorgung der nah gelegenen Haushalte decken soll.

Doch die Nachbarn fürchten, dass ein solcher Markt zusätzlichen Verkehr anziehen wird. Auch Ortsbeirat Berthold Möller (SPD) lehnt den Bau eines Verbrauchermarktes ab: «Wir brauchen eine Lösung, die von der Bevölkerung mitgetragen wird. Wenn sich ein Lidl vermeiden lässt, möchten wir ihn vermeiden.»

Ähnlich ist auch die Haltung der CDU Fraktion. Martin Daum erinnert an die Nähe des Areals zum Nordwestzentrum, das schon verschiedene Neuniederlassungen großer Ladenketten zum Scheitern gebracht habe. «Wir stimmen dem Marktbau nur notgedrungen zu, weil die bislang einzige Alternative dazu ist, dass die Gebäude zur Ruine verkommen.» Die Stadt täte gut daran, weitere Alternativen zu entwickeln.

Ein reiner Wohnkomplex aber wäre finanziell nicht tragbar, erklärt Christoph Endres von Vimedis. Für Werner Buch vom Stadtplanungsamt steht indes fest, dass die künftigen Nutzer des Areals Am Stockborn einen Standortbezug herstellen müssen. «Sicher ist, dass der Bebauungsplan für den Fall einer gewerblichen Nutzung geändert werden muss», sagte er. «Das kann die Stadtverordnetenversammlung unkompliziert beschließen. Wenn sich im Ortsbeirat aber Widerstand regt, wird es ein langwierigeres Bebauungsplanverfahren geben.» (jul)




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