13.03.2007
Frankfurter Ensemble macht Gaststube zur Theaterbühne
Niederursel. Im Dunkeln hatten die meisten der rund 70 Gäste in der Gaststätte „Zum Lahmen Esel“ sicherlich noch nie gegessen. Doch am Sonntagabend war nicht nur das Premiere, auch das Stück „Tante Annas letzter Wille“ hatte Erstaufführung in diesem gemütlichen Rahmen.
Das Frankfurter Ensemble unter Leitung von Mathias Scherer führte das hessische Volksstück inmitten der voll besetzten Tische auf, und dazu gab es ein Fünf-Gänge Menü aus der preisgekrönten Küche des Restaurants in Niederursel. Nach der Vorspeise ging es los: Die Rollläden wurden heruntergelassen und die Scheinwerfer gingen an.
Die Gäste hörten Kirchenglocken läuten: Es war Tante Annas Beerdigung. Sie war tragischerweise an einem Herzinfarkt gestorben und die Verwandtschaft fand sich zum Leichenschmaus in ihrem Haus ein. Leider dachten die zusammengekommenen Hinterlassenen so gar nicht daran zu trauern, denn offenbar war die alleinstehende Tante Anna nicht bei jedermann beliebt gewesen. Kaum war die alte Dame unter der Erde, küngelten die Erben um den Nachlass. Wer erbt das Haus, die Sparbriefe, den alten Opel Kapitän und nicht zu vergessen die Bembelsammlung – die der Lahme Esel zur Verfügung gestellt hatte. Fast hatte man sich schon geeinigt, da tauchte plötzlich ein ominöses Testament auf, ganz zum Ärger der Familie, die sich nun mit leeren Händen sah.
Auf den Schock gab es für die Gäste erst mal einen Fischteller mit dreierlei Saucen. Wie das Stück ausging, sei an dieser Stelle verschwiegen, „es gibt ein unerwartetes Ende“ verrät Michael Scherer, der seit zwei Jahren Vorsitzender des Frankfurter Ensembles ist und auch mitspielt. „Eigentlich geht das Stück von Fitzgerald Kusz zu Lasten des Publikums, denn so etwas hat jeder schon einmal mitgemacht“, so Scherer. Der Zuschauer könne sich in vielen Szenen wiederfinden und müsse bestimmt des öfteren schmunzeln, wenn er erkennt, dass jegliche Pietät aussetze, sobald es um Geld ginge.
Seit 55 Jahren gibt es das Ensemble, und Scherer ist seit zehn Jahren dabei. Die Schauspieler sind immer auf der Suche nach Zuwachs, sei es auf der Bühne selber oder auch hinter den Kulissen, zum Beispiel bei der Kostümgestaltung oder beim Bühnenbau. Einmal im Jahr tritt die Künstlergruppe in der Apfelweinkneipe „Zur schönen Müllerin“ auf, und dort hatte auch Esel-Wirt Thomas Metzmacher Bekanntschaft mit den Schauspielern gemacht.
Zur Aufführung im Lahmen Esel waren hauptsächlich Stammgäste eingeladen worden. „Die Nachfrage war sehr groß, wir mussten vielen Gästen sogar absagen“, sagt Metzmacher. Zu Essen gab es „mal was ganz anderes“, für die Stammgäste eine Abwechslung. Sicherlich werde man im Laufe des Jahres die Zusammenarbeit mit dem Frankfurter Ensemble wiederholen, wann stünde aber noch nicht fest. (jca)
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