10.08.2007
Die Kita im Kleinen Zentrum fördert auch die Eltern
Nordweststadt. Mariam, Yousra und Lilly toben in Unterwäsche durch den Flur. Es ist 12.30 Uhr, Zeit für ihren Mittagsschlaf. Aber noch sind die Kleinen hellwach. „Los Kinder, zieht euch aus!“ Erzieherin Kiana Schmoeger trommelt ihre Schützlinge zusammen und hilft der kleinen Tülin noch fix aus dem Pullover.
Eine Szene aus der Mittagszeit, wie es sie in jedem anderen Kindergarten auch gibt. Doch nicht alles ist in der Internationalen Kita in der Thomas-Mann-Straße so wie überall.
Die Kindertagesstätte im Kleinen Zentrum schreibt Multi-Kulti groß, und füllt Schlagworte wie Integration und Bildung auf eine Weise, wie es städtische Kitas noch immer nicht können. Der ungebundene Kinderladen ist ein Projekt des Internationalen Vereins für Kinder und ihre Familien (IVKF). Annette Püntmann, Vorsitzende des Vereins, erzählt vom Anfang : „Als ich als Leiterin des Nachbarschaftsbüros in der Nordweststadt anfing und die Tagesstätten im Stadtteil besuchte, traf ich überall auf die gleiche Situation: Die Erzieherinnen waren völlig ratlos, weil es nur noch ein oder zwei deutsche Kinder in ihren Gruppen gab und sie einfach nicht mit den Eltern kommunizieren konnten.“ Gemeinsam mit Zamira Benjelloun und Fatima Bousrouf, beides Mütter, die in der Nordweststadt wohnen, gründete die Sozialpädagogin den IVKF, um der Sprachlosigkeit zwischen Kindergärtnerinnen und Migranten ein Ende zu setzen.
Der Kinderladen im Kleinen Zentrum ist ihr erstes Projekt. „Wir wollen damit vor allem Familien erreichen, die sonst eher isoliert leben.“ Viele Migranten seien mit dem deutschen Schul- und Erziehungssystem nicht vertraut, das Wort Kindergarten existiere in ihrem Wortschatz überhaupt nicht, konstatiert die Leiterin des Nachbarschaftsbüros, das zum Projekt „Soziale Stadt“ gehört. „Wir sind aber überzeugt davon, dass alle Familien ein Interesse daran haben, ihre Kinder zu fördern, sie wissen häufig nur nicht wie.“
In der Nordweststadt leben Menschen aus über 70 Nationen, und die Internationale Kita hat sich ganz auf ihre bunte Klientel eingestellt: Im Eltern-Café berät Püntmanns Kollegin Zamira Benjelloun ratsuchende Mütter und Väter freitags vormittags in allen Erziehungsfragen und steht ihnen bei Problemen mit der deutschen Bürokratie zur Seite. Die Mitarbeiterinnen der Kita können problemlos mit den Eltern kommunizieren, egal ob auf Französisch oder Berberisch: „In kirchlichen Kindergärten sind die Erzieherinnen zwangsläufig meistens Deutsche, da Andersgläubige durch eine Klausel nicht eingestellt werden dürfen. Bei uns ist das anders“, so Püntmann. Die regelmäßigen Vorträge über zweisprachige Erziehung oder das deutsche Schulsystem seien stets gut besucht, samstags steht Arabisch für Kinder auf dem Stundenplan.
Langfristiges Ziel des IVKF ist die Einrichtung eines Eltern-Kind-Zentrums als Anlaufstelle für alle Familien des Stadtteils. In Sprach- und Sportkursen sollen sich deutsche und nichtdeutsche Bewohner des Viertels näher kommen, und Information und Beratung soll es dann nicht mehr nur ein Mal wöchentlich wie zurzeit im Eltern-Café der Kita geben. „Die Hauptsache ist, dass wir die Leute rasu kriegen, die sonst nur zu Hause und nur unter sich, also Landsleuten bleiben“, meint Püttman. (tak)
Mehr Informationen zum Internationalen Verein für Kinder und ihre Familien gibt es unter 95 73 87 73.
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