05.11.2007
Vom Shoppen ging’s zur Party
Nordweststadt. Es ist bereits Mitternacht, doch vor der Einfahrt zum Nordwestzentrum herrscht reger Andrang. Nicht nur aus der Stadt, sondern auch aus Groß Gerau, Heppenheim, Miltenberg und Hanau haben sich die Leute auf den Weg gemacht, um einmal mitten in der Nacht einkaufen zu gehen. „38 Stunden Non-Stop-Shopping“ lautet das Motto.
Parkplätze gibt es nur noch in den hinteren Reihen. Ein paar Sekunden auf der Rolltreppe und der Besucher steht inmitten des Treibens. Die Geräuschkulisse ist mit der eines Jahrmarktes zu vergleichen, in der Luft hängt der Geruch von Fritiertem, aus allen Ecken dröhnt Musik. Vor dem Imbiss-Stand „Best Worscht in Town“ stehen etwa 20 hungrige Shopper Schlange. Das Publikum, das sich vor der Hauptbühne drängt, ist gemischt. Trotz der späten Stunde sind noch immer einige Familien mit Kindern unterwegs.
Auf der zweiten Ebene hingegen herrscht ein ganz anderes Bild. Vor dem DJ-Pult der „Ibiza Brothers“ haben sich ausschließlich junge Leute versammelt, die den Modeboulevard zu ihrer Tanzfläche machen. Schwere Einkaufstüten hat dort keiner im Gepäck. Auch Wintermantel und Schal sind meist zu Hause geblieben. Die jungen Frauen tragen luftige Oberteile, kurze Röcke und hohe Stiefel. Es ist eine Szenerie, wie sie sich zur gleichen Zeit sicher in den zahlreichen Clubs der Stadt abspielt, nur das im Hintergrund die Leuchtreklame von Sinn Leffers, Esprit und Gerry Weber prangt. Auch einige junge Verkäuferinnen zieht die Tanzmusik vor den Laden. In den Geschäften ist nach Mitternacht nur wenig los.
„Die letzte Kundin hatte ich gegen 24 Uhr“, erzählt die Filialleiterin eines Modegeschäfts gegen 1.45 Uhr. Jetzt hält sie sich mit Aufräumarbeiten wach. „Müde bin ich nicht, aber das kann ja noch kommen.“ Schließlich muss sie noch bis acht Uhr früh durchhalten. Doch das mache sie gerne. „Für unser Geschäft hat es sich nicht gelohnt, aber es schafft Aufmerksamkeit für das Zentrum, und davon profitieren die Händler auf lange Sicht auch.“
Zehn Nachtarbeiter dürfen sich außerdem über einen Gewinn von jeweils 1000 Euro freuen. Doch der Anreiz hilft nicht allen über die Strapazen des nächtlichen Einsatzes hinweg. „Dieser Lärm kann ihnen ganz schön aufs Gemüt schlagen, wenn sie hier acht Stunden sitzen“, meint die Frau am Infopoint. Im Gegensatz zur Kollegin aus dem Modegeschäft kann sie über Langeweile nicht klagen. „Wir hatten schon einige Besucher. Die meisten wollen wissen, wie der Bus fährt.“ Einige hätten aber auch ihre Kinder gesucht. Trotz Feierabend: Lust sich ins Getümmel zu stürzen, verspürt die Angestellte des Zentrums nicht. „Wenn ich abends ausgehen möchte, dann mit Freunden und ganz in Ruhe.“ Und einkaufen könne sie ja auch am Samstagmittag noch. Diesen Gang wollen sich die Kunden bei Tchibo offenbar sparen. „Mit einem solch großen Andrang habe ich nicht gerechnet“, sagt die Verkäuferin. Und es ist nicht nur das Koffein, dass die Besucher zu dem Kaffeeanbieter zieht. „Die Menschen kaufen einfach alles.“
Sowie Maja (21) und Tina (20), die eigentlich nur „zum Gucken“ von Bad Vilbel ins Nordwestzentrum gekommen waren. Um ein Uhr haben dann aber doch beide eine Tüte in der Hand. „Ich war vorher mit Freunden etwas trinken, dann haben wir uns spontan entschieden, hierher zu fahren“, erzählt Maja. Beide sind begeistert von der Atmosphäre. „Sollte das wiederholt werden, sind wir auf jeden Fall wieder dabei.“ Für heute aber haben sie genug. Um zwei Uhr geht’s nach Hause.
Andere wollen so früh nicht aufgeben. Bei Betten Gebers dürfen sie sich für ein Nickerchen auf einer der Matratzen niederlassen. Und auch die Sessel vor den Umkleiden bei Sinn Leffers sind um diese Uhrzeit vom müden Partyvolk besetzt. Im Parkhaus aber haben sich die Reihen gelichtet.
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