01.12.2007
Schläge sind an der Tagesordnung
Polizei im Nordwesten muss immer öfter wegen häuslicher Gewalt ausrücken
Nordweststadt. Häusliche Gewalt und Pkw-Aufbrüche, das bereitet dem 14. Polizeirevier zurzeit die größten Probleme im Frankfurter Nordwesten. Leiter Erich Schmitt zog diese Bilanz während der Bürgerfragestunde im Ortsbeirat 8 (Heddernheim, Niederursel, Nordweststadt) am Donnerstagabend.
Das Thema häusliche Gewalt „bereitet uns große Sorgen“, sagte der Revierleiter. Verzeichneten die Beamten 2006 in ihrem Bezirk insgesamt nur 30 Fälle, so sind es in diesem Jahr bereits 80. Die erhebliche Steigerung auf fast das Dreifache sei allerdings nicht nur auf die größere Gewaltbereitschaft zurückzuführen. „Früher haben wir viele Fälle als Körperverletzung behandelt. Die Praxis haben wir nun geändert.“ Bei den häuslichen Gewaltproblemen sei die Ermittlung besonders schwierig. Zeugen würden kaum zu finden sein, obwohl Nachbarn es mitbekommen würden. Und die Opfer zögen ihre Aussagen meist nach wenigen Stunden wieder zurück. Für Erich Schmitt und seine Beamten „ist das ziemlich frustrierend“.
Das Problem sei allerdings nicht beschränkt auf sozial schwierige Wohngebiete, „das zieht sich durch alle Schichten“. Allerdings würden sich die Fälle in sozial schwächeren Familien häufen. Die Polizei allein sei in dieser Sache überfordert. Schmitt wünscht sich eine Zusammenarbeit von Kirchen, Sozialamt, Jugendamt und auch diplomatischen Vertretungen – oft spielen kulturelle Gesichtspunkte eine Rolle – mit der Polizei.
Gewalt in der Familie, das Thema ist auch Annette Püntmann bekannt. Sie arbeitet als Quartiersmanagerin in der Nordweststadt mit verschiedenen Projekten an ein besseres nachbarschaftliches Zusammenleben. Unter anderem mit dem Projekt „Stark sein ohne Gewalt“, das besonders junge Männer anspricht, die später als Vermittler aktiv werden sollen. Zudem würden ehrenamtliche Konfliktvermittler in Hochhäusern eingesetzt, um Streitfälle friedlich zu beenden.
In diesem Zusammenhang verwies Erich Schmitt auf die immer größer werdende Radikalität bei Jugendlichen. Nicht nur bei jungen Leuten mit Migrationshintergund, „auch Deutsche machen da keine Ausnahme“. Beim Thema Autoaufbrüche musste der Revierleiter zwar berichten, dass die Fallzahlen um 20 Prozent angestiegen sind, „aber die Ermittlungsquote ist hier nicht schlecht“. Die Banden hätten es besonders auf Navigationsgeräte abgesehen.
Den seit einigen Monaten auch im Ortsbezirk 8 eingesetzten Freiwilligen Polizeidienst bewertet Erich Schmitt als positiv. Die Frauen und Männer seien „Auge und Ohr für die Polizei“. Allerdings will er das ausschließlich so sehen, die „Kollegen“ können nur auf diesem Gebiet eingesetzt werden. „Sie sollen mit den Bürgern sprechen und uns rufen, wenn Konflikte drohen.“ Dennoch wünscht sich der Revierchef durchaus weitere „richtige Polizeibeamte“ für seine Dienststelle. „Und wenn es nur einer ist.“ Zurzeit arbeiten 56 Polizisten im Revier, dabei wurde das Einzugsgebiet mit Teilen des Riedbergs erweitert. Und wenn der Freiwillige Polizeidienst seine Sache gut mache, komme weitere Arbeit hinzu. „Die muss auch erledigt werden.“
Die Mitglieder des Ortsbeirates sind dagegen nach wie vor uneins über den Sinn des Freiwilligen Polizeidienstes. Während SPD, BFF und Republikaner gegen den Einsatz sind, wollen CDU und FDP eine Ausweitung. Da die drei Grünen sich enthielten, wurden beide Anträge bei Stimmengleichheit abgelehnt. (sö)
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