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11.02.2008

Wo Elsaesser seine Spuren hinterlassen hat

Martin Elsaesser war ein Mann mit Courage. Schon mit dem Bau der Frankfurter Großmarkthalle setzte er bedeutende Maßstäbe für das neue Bauen.
Von Gernot Gottwals

Doch mit der Gustav-Adolf-Kirche wagte er sich für damalige Verhältnisse auf heikles Terrain: Denn sein modernes Gotteshaus mit achteckigem Zeltdach platzierte er nicht etwa in der industriellen Stadterweiterung des Ostends, sondern mitten im idyllischen Fachwerk-Kern von Niederursel. Und setzte sich damit gegen die Konkurrenz von historistischen Kirchenbauten durch.

Für die Ernst-May-Gesellschaft Grund genug, den Zeitgenossen des Stadtbaurats May mit einer fachkundigen Führung durch die Gustav-Adolf-Kirche zu ehren, die Elsaesser zusammen mit Gerhard Planck 1927 bis 1928 an Stelle der alten Sankt-Georgs-Kirche erbaute. Der Besuch stand wie die für 19. April anberaumte May-Führung durch die Nervenklinik in Niederrad im Zeichen der im Herbst geplanten Elsaesser-Ausstellung im Deutschen Architekturmuseum.

Die Kunsthistorikerin und Bauforscherin Ulrike Schubert erklärte rund 40 Teilnehmern die Grundsätze des fortschrittlichen Zentralbaus. Sie zeigte ihnen Charakteristika wie die hinter Gittern verborgenen Pfeifen der pneumatischen Walker-Orgel und verwies auf die Folgen der Sanierung in den 50er Jahren. Die Leute staunten, dass damals sogar eine Christus-Darstellung verschwand. Ulrike Schubert hob außerdem hervor, dass Elsaesser mit der separaten Taufkapelle eine für den deutschen Kirchenbau bis dahin eher ungewöhnliche Lösung wählte und zugleich ein Spruchband der Sankt-Georgs-Kirche integrierte.

„Als das alte Gotteshaus für die Niederurseler Protestanten endgültig zu klein wurde und sich ein Umbau als zu aufwendig erwies, stand zunächst sogar ein neubarocker Entwurf zur Diskussion“, betonte Frau Schubert. Mit diesem Entwurf wäre Niederursel fast in den Genuss eines Zwiebelturms gekommen. Stattdessen entschied man sich für einen Turm mit assymetrischen Fenstern, angefügt an einen achteckigen monolithischen Kirchenbau. Zugleich ein Symbol für den kirchlichen Neuanfang in dem 1910 eingemeindeten Stadtteil mit seiner wechselvollen, von Teilungen bestimmten Geschichte.

War schon die Paulskirche als Zentral- und Versammlungsbau für die evangelische Kirchengeschichte wichtig, so bezog sich Elsaesser beim Bau der Gustav-Adolf-Kirche auf seinen Hochschullehrer Theodor Fischer und die von ihm realisierte Waldkirche im bayerischen Planegg. Ulrike Schubert bezweifelt allerdings, dass der neue Name ausschließlich und direkt auf den als protestantischen Vorkämpfer verehrten Schwedenkönig Gustav Adolf zurückgeht. „Bestimmend war wohl ein Pfarrer mit Namen Trommel, der im Vorstand des Gustav-Adolf-Werks tätig war und eher die Institution würdigen wollte“, vermutet sie.

Das als Gottesdienst- und Versammlungsraum gebaute Oktogon überstand auch innen den 2. Weltkrieg unbeschadet, musste aber in den 50er Jahren renoviert werden. „Dabei wurden Wände und Wandmalereien übermalt. So wurden neben dem Altar unter einer Punktmarkierung die Füße von Jesus freigelegt“, erklärte Frau Schubert. Hier könne durch eine weitere Sanierung der frühere Zustand wiederhergestellt werden.

Mit der lange Zeit von den Niederurseler Katholiken mitgenutzten Unterkirche griff Elsaesser ein seit 1900 gängiges Konzept auf: Der sakrale Kirchsaal und der eher zweckmäßige und gemütliche Gemeinderaum sollten in einem Baukörper vereint werden und den Gläubigen so ein kirchliches Heimatgefühl geben. Auch aus damaliger Sicht eine Alternative zur vertrauten und heimeligen Dorfkneipe, meinte die Kunsthistorikerin. Hier wie auch sonst verfolgte Elsaesser konsequent die neu beschrittenen Wege. Kein Problem im traditionell dörflich geprägten Niederursel: „Denn Elsaesser konnte ganz auf die Unterstützung der Bevölkerung zählen“,betonte Frau Schubert.




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